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Misswirtschaft krankhafter Privatisierung

Ausgabe 24. März, Heimat-Rundschau: "Droht auch bald den Wasserversorgern der Preiskampf mit den Großkonzernen?" (Bericht über eine Podiumsdiskussion zum "Tag des Wassers" in Wörth).

Nach Post, Bahn, Entsorgern und anderen, die einstmals eine "Grundversorgung" sicher stellen sollten, sind nun auch die Wasserversorger vom Privatisierungsvirus befallen worden. Die Heilungschancen sind erfahrungsgemäß gering.

Von unserem Altbundeskanzler stammt hierzu eines seiner wahren Worte: Entscheidend ist immer, was hinten rauskommt. Was ist denn bei der Privatisierung z. B. von Bahn und Abfallwirtschaft heraus gekommen? Nehmen wir die Bahn: Da die Profitmaximierung nun die oberste Maxime ist, eine Umsatzsteigerung (Ausweitung des Geschäftsbereichs durch bessere Konditionen und attraktive neue Angebote) aber zu unbequem war, gilt nun das Minimalprinzip, finanziell unattraktive Bereiche wie den Güterverkehr, zunehmend auch den Personennahverkehr, abzuwickeln, bis alle Güter und Pendler auf der Straße sind und nur noch der lukrative Personen-Fernverkehr bleibt. Garantiert wirtschaftlich - für die Bahn!

Und was tut eine private Abfallwirtschaft? Sie leitet entweder, um den Umsatz zu steigern, den Bürger an, gefälligst mehr Müll zu produzieren, oder sie schafft ein Zweiklassensystem, in dem gewerbliche Entsorgungspflichtige bundesweit akquiriert werden können, weil ja für den in seiner Gebietskörperschaft entsorgungspflichtigen Privat-"Kunden" ein Festpreis gilt, der jedes Risiko und auch jede Misswirtschaft abdeckt. Eine Lizenz zum Geldrucken - der Bürger ist der Dumme.

Nur in einem Bereich, einen der wirtschaftlich bedeutendsten, hört man selsamerweise nichts von Privatisierung: Für das Straßennetz nebst den dazu gehörigen Einrichtungen und Dienstleistungen darf auch weiterhin schön brav der Steuerzahler aufkommen, auch der nicht motorisierte. Da die derzeit allumfassende neoliberale Wirtschaftspolitik aber im Wesentlichen bedeutet Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren, drängt sich hier ein Verdacht auf: Könnte es etwa sein, dass mit den verkehrsbezogenen Abgaben wie Mineralölsteuer, Vignetten u. ä. die tatsächlichen Kosten für den aufgeblasenen Individualverkehr nicht abgegolten werden? Hat hier jemand Angst, dass der Gib-Gas-Spaß dann ein zu teurer und exklusiver wird? Wer könnte das nur sein?

Wer jedoch noch ideologiefrei denken kann und nich neuen Wirtschaftsreligionen mit Leib und Selle verfallen ist, sollte einige Fragen neu stellen: Was ist eigentlich eine "Grundversorgung"? Warum hat ihre Sicherung - auch heute noch - in einigen Bundesländern Verfassungsrang? Warum gilt sie im Wesentlichen nur für Kohle und Agrarprodukte? Was ist eine "Non-Profit"-Organisation im eigentlichen Sinn? Und: Was haben Energieversorger, Entsorger und öffentliche Dienstleister damit noch zu tun? Die Frage, wer für die Misswirtschaft der krankhaften Privatisierung um jeden gesellschaftlichen Preis am Ende die Zeche zu zahlen hat, ist schon geklärt.

Leserbrief im Main-Echo, 17.04.2000

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